Alzheimer-Gesellschaft: Im Auftrag der Menschlichkeit
Seit elf Jahren im Landkreis aktiv gegen Vorurteile und für bessere Hilfe und Versorgung – Maria Lehner unermüdlicher Motor
Altötting. Elf Jahre Alzheimer-Gesellschaft im Landkreis Altötting:
Die Geschichte ist aufs Engste mit Maria Lehner verbunden.
Maria und Josef Lehner aus Altötting erlebten viele glückliche Jahre. Sie waren leidenschaftliche Biker, tanzten gerne und teilten sämtliche Freuden und Sorgen des Lebens miteinander. Das Ehepaar wollte seine Rente genießen und bis ins hohe Alter gesund und fit bleiben. Wie schnell all das zerbrechen kann, erlebten sie im Jahr 2009, als bei dem damals 62-jährigen Josef Alzheimer-Demenz diagnostiziert wurde. Eine Schockdiagnose, mit der man in diesem Alter absolut nicht rechnet. Als examinierte Krankenschwester kannte Maria Lehner die typischen Symptome dieser Erkrankung. Sie ahnte schon Schlimmes, hoffte jedoch, dass sie mit ihrem Verdacht falsch liege. Die traurige Gewissheit brachte schließlich ein CT und eine Untersuchung beim Neurologen. Zu diesem Zeitpunkt war die Demenz bei Josef Lehner bereits stark fortgeschritten. Medizinisch wurde er im Landkreis Altötting behandelt, doch eine Anlaufstelle für Alzheimerpatienten gab es damals hier nicht. So fuhr das Ehepaar ab 2009 bis zu zwei Mal pro Woche mit dem Zug nach München zur Alzheimer Gesellschaft. 2013 beschloss Maria Lehner auch im Landkreis Altötting einen Verein für Alzheimer und Demenzkranke zu gründen.
Währenddessen schritt bei ihrem Ehemann die Krankheit weiter fort und machte aus ihm einen völlig anderen Menschen. Josef Lehner starb im Jahr 2017, doch seine Ehefrau kämpft weiterhin darum, dass Menschen, die unter Alzheimer und Demenz leiden, auch im Landkreis Altötting gehört und gesehen werden. Im Vergleich zu den großen Städten wie München, ist es im ländlichen Raum noch heute ein Tabuthema, bestätigen Experten. Man spricht auf dem Land nicht über unangenehme Themen, weil viele Menschen sich auch schämen. Schließlich verändert die Krankheit nicht nur den Körper, sondern auch den Geist.
Als Maria Lehner gemeinsam mit Freunden 2013 die Alzheimer-Gesellschaft Landkreis Altötting e.V. aus der Taufe hob, waren es 24 Mitglieder, heute sind es etwa 70. Sie hoffen, dass ihr Verein noch weiterwächst und auch mehr Unterstützung erhält. Aktuell haben sie ihr elfjähriges Bestehen begangen. Gemeinsam mit prominenten Gästen wie Landrat Erwin Schneider und Altöttings Bürgermeister Stephan Antwerpen, die beide auch Schirmherren des Vereins sind. Das Jubiläumsfest fand im großen Saal des Alten- und Pflegeheim St. Klara in Altötting statt. Für musikalische Unterhaltung sorgte das Neuöttinger Duo Ingrid und Rainer Weißl.
Die Feierlichkeit wurde von Schauspielerin und Moderatorin Julia Gruber eröffnet. Sie hatte vor etwa zehn Jahren den Film „Alzheimer in der Partnerschaft – Wenn das Leben leise in Vergessenheit gerät“ gedreht und arbeitet aktuell an einem neuen Projekt, ihrem Seniorenheim-Podcast (ein Bericht folgt).
Sehr beeindruckt zeigte sich auch Landrat Schneider. Er würdigte in seiner Rede das beispielhafte Engagement der ersten Vorsitzenden Maria Lehner und der Mitglieder. Prof. Dr. Janine Diehl-Schmid, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie und Chefärztin am Zentrum für Altersmedizin des Inn-Salzach-Klinikums Wasserburg, referierte über Verhaltenssymptome bei Demenz, deren Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten. „Es gibt drei Stadien der Alzheimer-Demenz: leicht, mittelgradig und schwer“, so die Expertin. Dabei erklärte sie unter anderem, wie sich die Erkrankung von leicht bis schwer entwickelt. Vielen Betroffenen fehlt die Krankheitseinsicht. Die Diagnose ist zwar ein Schock für den Patienten, doch man kann die Symptome mit Medikamenten und Therapien behandeln. Prof. Diehl-Schmid stellte auch ihr Projekt „Decide“ vor. Das Ziel des Projekts: weniger sedierende Psychopharmaka bei Heimbewohnern mit Demenz. Im Anschluss informierte Dr. med. Christoph Schmidlechner, Facharzt für Neurologie und Facharzt für Psychiatrie, über Alltagsprobleme bei der Versorgung von Alzheimer-Patienten.
Was Alzheimer und Demenz mit sich bringen, ist alarmierend, doch die Experten versichern, dass es heutzutage sehr gute Behandlungsmöglichkeiten gibt. Das wohl Allerwichtigste ist hierbei die Prävention. Mit einem gesundheitsbewussten Leben, viel körperlicher und geistiger Aktivität sowie gesunder Ernährung könne man das Risiko an Alzheimer oder Demenz zu erkranken nachweislich reduzieren, vorausgesetzt man fange frühzeitig damit an.
Vorsitzende Maria Lehner wie auch die Experten wünschen sich, dass die Gesellschaft sich gegenüber dem Thema Alzheimer und Demenz öffnet und Patienten wertgeschätzt werden.